
Das Herzstück eines Photovoltaik-Wechselrichters ist namensgebend: Das „Wechselrichten“, also die Umwandlung der Gleichspannung von den Solarmodulen in eine netztaugliche Wechselspannung. Diese elektrische Energieumformung findet auf der Ebene der Leistungselektronik statt, deren Kernkomponenten die Leistungstransistoren sind. Im Regelfall wird diese Aufgabe von sogenannten IGBT-Leistungsmodulen (Insulated Gate Bipolar Transistor, deutsch: Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode) übernommen.

1. Chip

1.1. Überspannung
1.1.1. Überspannung zwischen Kollektor und Emitter
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Eingangsspannungsstöße (bspw. durch Blitzeinschlag)
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Anomalien des Steuersignals
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Spannungsspitzen
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Unerwartete Änderungen der Last
1.1.2. Überspannung zwischen Gate und Emitter
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Externe Spannungsspitzen (bspw. durch parasitäre Induktivitäten)
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Ungewollte Oszillationen im Gate-Schaltkreis
1.2. Überhitzung
1.2.1. Überhitzung durch erhöhte Verlustleistung
1.2.2. Überhitzung durch erheblichen Überstrom
Kommt es zu einem Überstrom, beispielsweise durch interne oder externe Fehler, unzulässige Treiber-Ereignisse oder einer außerordentlichen Belastung, so kann es zu einem thermischen Durchbruch kommen. Das kann zu thermischen Hotspots innerhalb der IGBT-Struktur führen, die einen lokalen Schaden verursachen können.
Dabei kann es zum Zweiten Durchbruch kommen [7], der im Allgemeinen in zwei Phänomene unterschieden werden kann:
Elektronisches Phänomen:
Durch Ansteigen des Stroms erhöht sich die Kanal-Raumladungsdichte, wodurch die Durchbruchspannung sinkt. Dies führt zur weiteren Steigung der Stromdichte. Dieser Vorgang setzt sich fort, bis der Bereich mit hoher Stromdichte so klein wird, dass sich ein Stromfilament bildet, was zu einem raschen lokalen Temperaturanstieg führt und schließlich zu einem Spannungskollaps. [8]
Thermisches Phänomen:
Wenn die Temperatur im IGBT steigt, sinkt die erforderliche Gate-Emitter-Spannung, um den IGBT einzuschalten. Die Temperatur im N-Kanal steht in umgekehrtem Verhältnis zur Spannungsdifferenz zwischen der Gate-Emitter-Spannung und der Cut-Off-Spannung: Eine größere Differenz führt zu einer höheren Ladungserzeugung, was die Stromdichte im Kanal erhöht. [4]
1.2.3. Überhitzung durch Fehlfunktion der Wärmeverteilung
Ist das IGBT-Leistungsmodul inadäquat auf den Kühlkörper verschraubt oder es wird ein minderwertiges Wärmeleitmedium verwendet, so verringert sich die Wärmeleitfähigkeit zwischen der Basisplatte und dem Kühlkörper, was zu einem generellen Temperaturanstieg im IGBT-Modul selbst führt. Dadurch kann es ebenfalls zu einer Überschreitung der maximal zulässigen Sperrschichttemperatur kommen. [5], [6]
Auch Effekte wie der Pump-Out des Wärmeleitmediums (bspw. wegen einer zu dick aufgetragenen Wärmeleitpaste oder schlechter Anbringung auf den Kühlkörper) haben Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit. [9]
1.3. Dielektrischer Durchschlag
Durch Anlegen einer hohen Spannung kann über die Zeit das Isolationsmaterial, im Fall des IGBTs: das Gate-Oxid, durch Abbau Schaden nehmen. Das kann beispielsweise durch eine Fehldimensionierung der Treiber-Schaltung eingeprägt werden. Dadurch kann die Durchbruchspannung reduziert und der Leckstrom erhöht werden. Schlussendlich kann es zu einem Defekt im Gate führen, was zu einem Modulausfall führt. [3], [4]
1.4. Statische Entladung
Eine statische Entladung führt zu einem Spannungsimpuls, der unterschiedliche Fehler verursachen kann. Häufig kommt es hier zu einem Überschlag am Gate-Oxid, der die Funktionsfähigkeit des IGBT-Moduls zerstört.
1.5. Elektrochemische Migration
Metallionen können durch den Einfluss eines elektrischen Feldes in isolierendes Material wandern. Dadurch werden leitende Filamente generiert, die zu internen lokalen Kurzschlüssen führen. Diese Filamente können sehr hohe Ströme führen, was zu lokalen thermischen Hotspots führt. [10], [11]
Dieser Umstand kann zu einer Erhöhung des Leckstroms und zum allmählichen Verlust der Sperrfähigkeit führen.
1.6. Oberflächenrekonstruktion
Der Durchlassstrom führt zu einem Temperaturanstieg, während die Temperatur in der Ausschaltphase wieder sinkt. Dadurch kommt es zu thermomechanischen Zyklen, die zu Temperaturschwankungen führen. Diese Zyklen verursachen, bedingt durch den unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten der eingesetzten Materialien (sprich: Silizium und die Aluminium-Metallisierungsschicht) mechanischen Stress, der unter extremen Bedingungen dazu führen kann, dass die Metallisierung aufschmilzt und wieder erstarrt. Dieses Phänomen nennt sich Rekonstruktion. [12]
Eine solche Oberflächenrekonstruktion beeinträchtigt die Stromverteilung und erhöht den Bauteil-Spannungsfall und dadurch die Verlustleistung. Damit erhöht sich ebenfalls die Sperrschichttemperatur, was den zuverlässigen Betrieb des Leistungsmoduls gefährdet. [13]
2. Modul
Exemplarisch ist in Abbildung 3 ein defektes IGBT-Modul dargestellt. Hier kam es zu einem Kurzschluss-Fehler aufgrund einer Überspannung, sodass es zu einem Spannungsdurchschlag jeweils eines IGBT-Chips der High- und Low-Side kam. Die beiden Defekte sind mit jeweils einem gelben Kreis dargestellt.

2.1. Überhitzung
Überhitzung kann in elektronischen Bauteilen verschiedene Ausfallmechanismen beschleunigen, was zu einer schrittweisen Funktionsverschlechterung oder im Extremfall zum thermischem Kollaps und sofortiger Zerstörung führt, wenn die Temperaturen zulässige Grenzen überschreiten. Die Geschwindigkeit der Verschlechterung ist dabei proportional zur Überhitzung.
Ein Thermischer Kollaps bei IGBT-Modulen entsteht, wenn die erzeugte Wärme die Wärmeverteilungsfähigkeit des Kühlsystems übersteigt, was zu einem selbstverstärkenden Temperaturanstieg führt. Ursachen dafür sind Versagen des Kühl- oder Steuersystems sowie Überspannungen und Überströme. Dies kann zu einer schnellen Zerstörung von Komponenten wie Chip, Bonddrähten und Lötstellen führen.
2.2. Mechanischer Schock
Plötzliche, starke physische Erschütterungen werden als mechanischer Schock bezeichnet. Diese Schocks treten während des Transports, der Handhabung oder im Betrieb auf und können auch durch zu schnelle Temperaturschwankungen verursacht werden. Mechanische Spannungen im Modul können Risse und Brüche an Bauteilen wie Lötstellen, Chips, Gehäuse oder DBC verursachen.
2.3. Bonddrahtermüdung
In den vorigen Punkten wurde zu Genüge verdeutlicht, dass ein IGBT-Modul Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Diese Schwankungen verursachen aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zu einer thermomechanischen Ermüdung an Verbindungs- und Übergangsstellen. So beispielsweise auch an den Bonddrähten: Durch Schereffekte können Bonddrähte anheben und dadurch an dieser Stelle zu einem OC-Verhalten führen. [4], [14]
Durch das Anheben eines Bonddrahts, kommt es allerdings zu einer asymmetrischen Lastverteilung an die übrigen Bonddrähte. Dadurch erhöht sich die Temperatur und der thermomechanische Effekt wird vergrößert, was zur ebenschnelleren Bonddrahtermüdung führt. Es stellt sich also ein positiver Rückkopplungsmechanismus beschleunigter Bonddrahtermüdung ein. [15]
2.4. Lotdegradation
In einem IGBT-Modul existieren zwei Lotschichten, die aufgrund unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten der Materialien mechanischen Spannungen ausgesetzt sind:
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Chiplot (Verbindungselement zwischen Si-Chip und DBC-Oberseite)
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Basislot (Verbindungselement zwischen DBC-Unterseite und Basisplatte)
Das Lotgut ist im erstarrten Zustand polykristallin ausgerichtet und verfügt über Korngrenzen. Durch eingeprägte thermomechanische Zyklen dehnen sich die einzelnen Lotkörner aus und ziehen sich wieder zusammen, wodurch es an den Korngrenzen zu kleinen Hohlräumen (Micro-Voids) kommen kann. Durch Wiederholen dieses Prozesses können dadurch Mikrorisse und schlussendlich Makro-Risse entstehen. So kann es zu lokalen thermischen Hotspots kommen, die zur Erhöhung der Sperrschichttemperatur führen können. Am Ende droht eine Delamination der Lotschicht, was die Wärmeleitfähigkeit sowie die Kontaktierung stark beeinträchtigt. [16], [17]
2.5. Vibration
Vibrationen können mechanische Ermüdung verursachen, wodurch Bonddrähte, Lötstellen und Halbleiterchips beschädigt werden. Dies führt zu Rissen, Delamination und einer Beeinträchtigung der elektrischen Funktion und strukturellen Stabilität des Moduls. Vibrationen können auch vorhandene Defekte verschlimmern und das Wärmemanagement durch Fehlausrichtungen beeinträchtigen. Resonanzschwingungen verstärken die Schäden zusätzlich.
2.6. Überschlag
Ein unzureichender Schutz der Umrichter-Hardware vor Umwelteinflüssen, insbesondere in feuchten Umgebungen, kann zur Ansammlung von Salzspuren und anderen leitfähigen Ablagerungen auf den IGBT-Modulen und den Gate-Treiber-Platinen führen. Diese Ablagerungen können elektrische Überschläge verursachen und den Betrieb des Treibers beeinträchtigen, was zu unerwarteten Fehlfunktionen führt, für die das Gerät nicht ausgelegt ist.
2.7. Korrosion
In Umgebungen mit hoher Luftfeuchtigkeit und Salzsprühnebel ist Korrosion an der Außenseite des Moduls ein bedeutender Ausfallfaktor. Die Metallschnittstellen, die diesen Bedingungen ausgesetzt sind, stellen das schwächste Glied dar, und ihre Korrosion kann die elektrischen Eigenschaften des Moduls direkt beeinflussen. Korrosionsnebenprodukte können durch Feuchtigkeit ins Modulinnere gelangen und mit den Komponenten reagieren, was zu einer langfristigen Verschlechterung führt. Der Korrosionsprozess hängt stark von den verwendeten Materialien und Verunreinigungen ab. [18]
2.8. Alterung der Isolation
Die Alterung des Isolationsmaterials in IGBT-Modulen kann im Laufe der Zeit durch verschiedene Einflüsse erfolgen und zum Ausfall des Geräts beitragen. Diese Materialien sind entscheidend, um elektrische Isolierung zwischen den Komponenten sicherzustellen und unerwünschte elektrische Verbindungen zu verhindern. Die Alterung entsteht durch eine Kombination aus thermischen, elektrischen und umweltbedingten Belastungen. Beispielsweise können Teilentladungen an der Grenzfläche zwischen Keramik und Metall an der DBC geringe Entladungen verursachen, während sie an Metallkanten stärkere Entladungen hervorrufen. Dies führt zur Zersetzung von Silikongel in gasförmige Produkte, was die Isolierfähigkeit reduziert. Feuchtigkeit verschlechtert die Isolationseigenschaften von Materialien wie Silikongel besonders stark, vor allem bei hohen Temperaturen und langfristiger Spannungsbelastung. [1]
Auch eine längere Lagerung von IGBT-Modulen, insbesondere unter extremen Temperatur- oder Feuchtigkeitsbedingungen, kann die Lebensdauer erheblich verkürzen. Auch wenn die Module nicht in Betrieb sind, können diese Bedingungen thermische Spannungen, Materialabbau, Korrosion und Feuchtigkeitsschäden verursachen, was die Leistung und Zuverlässigkeit der Module beeinträchtigt.
2.9. Elektromigration
Unter Elektromigration versteht man das Phänomen eines Materialtransports, der durch ein elektrisches Feld verursacht wird. Dadurch werden Metall-Atome (hier: Aluminium-Anionen) durch den im Stromfluss induzierten Elektronenwind bewegt. Dieser Materialtransport führt zur fortschreitenden Verdünnung und der dadurch bedingten Ruptur von beispielsweise Bonddrähten. Das Phänomen der Elektromigration kann zur Bonddrahtermüdung beitragen. [10], [11]
3. Fazit
Selbstverständlich gibt es auch Interaktionen zwischen den einzelnen Fehlermodi und deren Auswirkungen auf den Leistungstransistor. Beispielsweise sorgt eine Lotdegradation für einen schlechteren Wärmeübergang, sodass dadurch die thermische Integrität beeinträchtigt und die Wahrscheinlichkeit der Bonddrahtermüdung erhöht werden.
Der größte Beschleuniger der Degradation von Leistungshalbleitern ist die Temperatur. Und hier können auch Anwender bzw. Betreiber mitwirken:
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Wahl eines geeigneten Standorts für den Wechselrichter (oder die Wechselrichterstation) hinsichtlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit und andere Umwelteinflüsse
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Ausreichende Kühlmöglichkeit des Wechselrichters
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Einhalten der Wartungsintervalle (Sauberhalten des Kühlkörpers nach Mäharbeiten, Funktionsprüfung der Lüfter, Tausch von Filtermatten bei Zentralwechselrichtern, Druck- und Mengenprüfung von wassergekühlten Systemen, …)
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Auslegung der PV-Anlage (wie hoch sieht die Überbelegung aus? Fährt der Wechselrichter regelmäßig in seine Belastungsgrenzen, ggf. sogar darüber hinaus?)
Bei einer Generalüberholung durch die Eternus Technology GmbH können Sie sich sicher sein, dass ein für die Applikation geeignetes Wärmeleitmedium verwendet wird und auch Bauteile ausgetauscht werden, die in evidenzbasiertem Verdacht stehen, einer beschleunigten Alterung zu unterliegen. Dabei greifen wir auf Bauteile zurück, die mit erweiterten Belastungsgrenzen aufwarten und damit eine höhere Zuverlässigkeit vorweisen.